NO CHIPS NO SLIPS - Die Geschichte vom "Alten Garten"

NO CHIPS NO SLIPS - Die Geschichte vom "Alten Garten" | Familiensektgut Winterling

So kommt der Alte Garten zu seinem Outfit: Schon zu Studienzeiten war Stefan Winterling viel unterwges und so kam es auch, dass er im Südwesten Italiens eine Flasche Wein entdeckte, die zum Nachdenken anregte. 

Im Folgenden Stefans Anekdote aus dem Jahr 2005:

"Im Januar, ich besuchte mit Freunden das Weingut Elio Altare im Piemont, entdeckte ich im Weinkeller der Altares auf einem Regal eine Flasche '96er Barolo von Bartolo Mascarello. Der Slogan „No Barrique No Berlusconi“ zierte das Etikett. Belustigt fragte ich Elena Altare, was sie damit meint. Sie erklärte mir, dass es im Piemont zwei Sorten von Winzer gibt:

Traditionalisten und Modernisten!
Zu den Begründern der „modernen“ Weinbereitung im Piemont zählt neben Angelo Gaja auch Elenas Vater Elio. Sie gehörten zu den Ersten die Barolo in Barriques ausbauten, um durch die große Oberfläche des Weins zum Holz eine erhöhte Mikrooxidation des Weines zu erreichen, was den harten Gerbstoff des Barolos bricht und weiche, fast süßliche Tannine im Wein hervorbringt. Man muss wissen, dass der Barolo viele Kritiker hatte und hat, welche gerade die späte Trinkreife dieser Weine, die oft erst nach Jahren der Flaschenreife erreicht wird, bemängeln.

Ein paar Winzer konnten sich jedoch gar nicht mit dieser Art von Wein abfinden: Die Traditionalisten.

An vorderster Front der Traditionalisten stand Mascarello: „Nur weil die Amerikaner einen schwarzen Wein haben wollen, der nach Eichenholz schmeckt und nach Vanille riecht, äffen viele unserer Winzer diesen Stil nach. Mein Barolo soll den Duft, die Aromen und den Geschmack unseres Landstriches zeigen. Mir tut es leid, wenn die als "fortschrittlich" bezeichneten Winzer einen Wein, wie ihre Kollegen in Kalifornien, Chile oder Australien machen. So wird moderne Kellertechnik zum Verrat an den Traditionen unserer Vorfahren und unserer glorreichen Geschichte. Ein Barolo-Produzent sollte authentischen Barolo keltern, denn ein Kunde, der einen Wein trinken will, der nach Cabernet schmeckt, kann diesen in Bordeaux oder Kalifornien kaufen.“

Oder: "Barolo schreibt man wie meinen Vornamen, nur ohne "T" oder "Ich habe in meinem Keller alles bis in das letzte Eck angefüllt, damit auch nach meinem Tod ganz sicher kein Platz für Barriques ist". 

no barriques no berlusconi

Nun teile ich in der „Barrique- Frage“ eher die Ansicht von Gaja und Altare, aber es faszinierte mich, wie kühn (und auch erfolgreich) Bartolo Mascarello die Weinwelt im Piemont aufmischte und die Diskussion zwischen Modernisten und Traditionalisten mit seinen knackig prägnanten Etiketten („Il ne faut pas faire des barriques, mais des barricades, Robespierres“) anheizte. „No Barriques No Berlusconi“ wurde sogar als wahlbeeinflussend verboten. 

Kurz vor Weihnachten 2005 machte die Europäische Union den Weg frei für die Einfuhr „fraktionierter“ Weine sowie für solche, die mit Eichenchips behandelt oder mit Wasser verdünnt werden (von Amis als „Jesus-Units“ bezeichnet). Die Entrüstung war so groß, dass die Nachricht vom Handelsabkommen USA-EU am Abend der Unterzeichnung sogar in der 20 Uhr „Tagesschau“ lief.

Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis solche Techniken auch bei uns zugelassen und auch praktiziert werden. Am Ende dieser Entwicklung steht dann ein völlig künstlicher Wein. Mit Holzchips aromatisiert, einem internationalen Rezept angepasst und völlig reizlos, werden solche Weine sein. Wie ein gewissenloser Dieb schleicht sich dieser Rückschritt von hinten an und bevor man sich versieht, sind plötzlich all unsere Weine jeglicher Identität und Handwerklichkeit beraubt.

Schon lange sieht man wie Winzer, die beeinflusst von Marktumfragen (die von Leuten erstellt werden die keine Beziehung zu Wein haben und wohl nebenbei noch Kartoffelchipstüten möglichst kundenansprechend gestalten), Riesling in Bordeauxflaschen füllen und die schnuckelige kleine Schlegelflasche nicht mehr beachten, in welcher der Riesling groß geworden ist.

Sollte so in Zukunft deutscher Wein produziert und gestaltet werden, wäre dies ein großer Fehler. Es muss eine Rückbesinnung stattfinden. Warum sollen deutsche Winzer Weine produzieren, welche die Neue Welt, besser, billiger und in großen Mengen herstellen kann? Alle Versuche, die in diese Richtung gehen, erscheinen mir fast lächerlich. Potential und Wertigkeit deutscher Gewächse wird völlig unterschätzt und zwar von Winzer und Weintrinker gleichermaßen, es ist aber die Aufgabe der Winzer dem entgegenzuwirken.

„No Chips - No Slips“ war eine Schnapsidee mit der wir familienintern solche „fortschrittlichen“ Praktiken a la Bartolo Mascarello auf die Schippe nahmen. Wie wir genau auf „No Chips - No Slips“ gekommen sind, weiß ich selbst nicht mehr. Es wäre auf jeden Fall für immer eine Schnapsidee geblieben, hätte ich nicht einem Hamburger Kinderbuchillustrator, Marco Zumbé, den ich mal im Urlaub kennen lernte, davon erzählt. Er malte mit viel Witz und Verständnis für das Thema ein Bild, das uns köstlich amüsierte und uns so viel Spaß machte, dass wir es einfach auf die Flasche kleben mussten.

Viel Spaß beim Genuss Stefan Winterling, Herbst 2005 "

 

Nun noch eine kurze Erläuterung zum Motiv:
Bacchus zwinkert uns weinselig, mit Streichholz in der Hand zu. Er hat wohl das wärmende Feuer aus Eichnholzchips entfacht, um das unsere Nymphen ein Freudentänzchen halten. Gut bewacht, sodass kein widersinniger Stoff den Weg in den Wein Findet ein Fass "Alter Garten".